Besinnung zum Schulanfang, 23.8.2009
Liebe Gemeinde, Kleine und Große,
heute ist der letzte Tag. Der letzte Tag der Sommerferien. Morgen geht das Schuljahr los. Für viele Schüler ist es ein ganz normaler Start: auf derselben Schule eben ein Jahr weiter. Für andere aber ist es etwas Besonders: Jemand kommt auf eine neue Schule. Oder in die Oberstufe. Da weiß man noch nicht so genau, wie es wird.
Es gibt auch Größere hier, für die ebenfalls etwas Neues beginnt. Eine neue Arbeitsstelle. Oder ein Praktikum im Ausland. Ein freiwilliges soziales Jahr. Da weiß man ebenfalls nicht so genau, wie es wird.
Wenn jemand mitgehen würde, der sich schon auskennt und Bescheid weiß, das wäre klasse. Und den gibt es auch. Gott geht mit. Er segnet gerne jeden von uns, der etwas Neues anfängt. Gottes Segen wird mitgehen.
Wie ist das mit Gottes Segen? Wie sieht der aus? Kann man den anfassen? Kann man das essen?
Ein bekanntes Segensgebet geht so:
24 Der HERR segne dich und behüte dich. 25 Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir. 4Mose 6
Dieser Segen geht noch weiter, aber schon in diesen ersten Worten steckt etwas ganz Besonderes drin: „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir.“
„Angesicht“, das ist einfach das Gesicht. Das Gesicht von Gott leuchtet. Geht das? Habt ihr schon mal das Gesicht von jemandem leuchten gesehen?
Was hat denn da geleuchtet? Die Haut, mit Hintergrundbeleuchtung? Die Haare? Oder ist die Nase zu einer Glühbirne geworden?
Die Augen! Wenn jemand leuchtende Augen hat. Wir sagen auch: „Du strahlst mich ja so an.“ Das sieht man am Mund und an der Stirn, aber besonders an den Augen. Die Augen leuchten, wenn jemand begeistert ist oder total fröhlich. Oder wenn der jemanden sieht, den er sehr lieb hat. Dann strahlt man, die Augen leuchten.
„Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir“, das heißt: Gottes Augen sollen strahlen, wenn er dich sieht, weil er sich über dich freut. Er hat dich lieb und strahlt dich an. Das ist sein Segen.
„Leuchten über dir“ – ich habe da an die Sonne gedacht. Die leuchtet ja über mir und euch. Ich stelle mit Gottes leuchtendes Gesicht so wie die Sonne vor. Mit der Sonne ist es etwas besonders. Wenn sie scheint, kann ich ihr nicht weglaufen. Sie ist immer da über mir, wo ich bin, egal wo ich hingehe. Wenn wir ganz schnell fahren, mit dem Zug oder mit dem Auto, dann saust alles ganz schnell an uns vorbei, alle Häuser und Bäume und Menschen. Aber de Sonne bleibt immer genau über uns, egal wie schnell wir fahren. Ich habe das in dieser Woche noch mal ausprobiert, zusammen mit meiner Tochter, und sie hat es gefilmt. Auf diesem Film sieht man: Wir sind schnell gefahren, aber haben es nicht geschafft, der Sonne über uns zu entkommen!
So ist es mit Gottes Gesicht. Es ist immer genau über uns, egal wo wir hingehen. Gottes Liebe ist wie die Sonne, und sein Segen ist ebenfalls wie die Sonne. Gottes Segen geht mit.
Manchmal ist das Neue, das wir anfangen, ja ziemlich verwirrend. Ein Durcheinander wie wenn auf einer Fahrt alles ganz schnell vorbeirauscht. Wir haben keine Übersicht mehr. Aber Gottes Segen geht mit, wie die Sonne. Das sollt ihr nicht vergessen morgen, wenn das neue Schuljahr anfängt.
Um diesen Segen wollen wir für euch beten.
Und hier noch etwas für die, die aus der Schule schon längst raus sind. Wir Großen haben ja auch Angst vor vielen neuen Situationen. Sei es ein neuer Job, ein Umzug, oder dass neben uns jemand Neues einzieht oder am Schreibtisch nebenan im Büro. Da muss sich erst zeigen, ob in Zukunft alles besser wird oder etwa schlechter.
Ich habe mich gefragt, was für uns wohl das Wichtigste ist, wenn Neues beginnt. Ich glaube fast, es sind die Menschen, mit denen wir zu tun haben. Das Büro kann hässlich sein und der Computer vielleicht veraltet, aber das macht nichts, wenn die Menschen drum herum freundlich sind. Und umgekehrt, ein Super-Job mit Bomben-Gehalt kann nervig und belastend sein, wenn es mit den Menschen nicht stimmt – wenn die mir nichts gönnen oder mich ausgrenzen.
Eine Freundin von uns hat eine neue Stelle angefangen, und nach dem ersten Tag sagte sie: Die konkrete Arbeit ist noch nicht das, was ich mir eigentlich gewünscht hatte, aber die Leute da sind hilfsbereit. Und sie klang ganz erleichtert.
Und wenn nicht? Wenn die Leute um mich seltsam sind oder eklig?
Gottes Liebe ist wie die Sonne, haben wir gesungen. Und über die Sonne hat Jesus mal folgendes gesagt:
Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. (Mt 5,45)
Gottes Liebe ist wie die Sonne, und sein Segen ebenso. Ich bete darum, dass Gott mich segnet. Er möge irgendwie mein Leben beeinflussen, dass es gut läuft. Über mir leuchtet dann sein Angesicht, seine Segens-Sonne geht mit.
Aber Gottes Sonne, so sagt Jesus es, scheint nicht nur über mich, sondern über Gute und Böse. Gott sieht auch die seltsamen oder ekligen Menschen, die in meiner Umgebung sind. Hat Gott die auch lieb? Zweifellos. Gott kennt sie ja, Gott weiß, warum sie so sind, wie sie sind, Gott hat seinen Sohn Jesus Christus auch für sie hingegeben. Auch sie sind seine Geschöpfe und sie sind dazu bestimmt, Gottes Kinder zu werden; Gottes Kinder genau wie ich eins bin. Gottes Sonne scheint über Gute und Böse und über Seltsame und Eklige. Und manchmal bin ich selber ja auch seltsam und ich brauche es, dass Gottes Sonne über Gute und Böse scheint.
Segnet Gott sie dann auch alle? Was Gott genau in deren Leben macht, kann ich nicht wissen. Aber er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Ich habe ja für mich gehofft, Gottes Segen möge mein Leben beeinflussen. Wenn Gottes Sonne aber über alle scheint, dann wird Gott also auch das Leben von allen beeinflussen. Ich habe vielleicht Angst vor Menschen, die mir nichts Gutes wollen. Aber Gott hat Einfluss auch auf diese Leute. Ich komme mir manchmal verloren vor und abhängig von anderen Menschen. Aber diese Menschen, von denen ich abhängig bin – die sind wiederum von Gott abhängig. Gott hat Möglichkeiten, auch auf sie einzuwirken. Also bin ich nicht allein. Sondern Gottes Segen geht mit mir und Gott ist sowieso schon da an den Orten, vor denen mir mulmig ist. Gott ist schon da. Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute. Gott wirkt auf sie ein. Und wer weiß, vielleicht erkennt er ja viel mehr Liebenswertes an denen, als ich erkennen kann. Dann leuchten seine Augen auch über diese Menschen. Und über mich.
Gottes Liebe ist wie die Sonne. Diese Sonne ist schon dort, wo ich hinkomme, und sie ist schon da, bevor ich dort hinkomme.
Gott sei Dank! Wenn das so ist - da fangen meine Augen doch auch glatt an zu leuchten!