7 Eine „offene Tür“ als Platzanweisung von Gott
(Mit diesem Beitrag endet die Bibelgesprächsreihe zum Thema "Gottes Reden hören".)
Manchmal zeigt Gott uns den Ort, an dem er uns haben will, durch günstige äußere Umstände. Es ist wie wenn sich eine Tür vor uns öffnet. „Günstige Umstände“ heißt nicht einfach dass es uns gut geht – sondern es sind günstige Umstände für Gottes Vorhaben, sein Reich wachsen zu lassen. Deshalb betet der Glaubende nicht: Ebne meinen Weg vor mir, sondern: „Ebne vor mir deinen Weg“ (Ps 5,9).
Paulus hat an manchen Stellen Gottes Wegweisung durch die offene Tür erkannt.
7.1 Offene Tür – ein „Ja“ von Gott
5 Ich werde zu euch kommen, auf dem Weg über Makedonien. In Makedonien nämlich bin ich nur auf Durchreise, 6 bei euch aber werde ich, wenn es sich gibt, länger bleiben oder gar den Winter verbringen. Dann mögt ihr mich für die Weiterreise ausrüsten, wohin ich auch gehe. 7 Ich möchte euch jetzt nämlich nicht nur im Vorbeigehen sehen, ich hoffe ja, wenn der Herr es zulässt, einige Zeit bei euch zu verbringen. 8 Bis Pfingsten aber werde ich in Ephesus bleiben. 9 Denn eine Tür hat sich mir aufgetan, groß und wirksam – und viele Widersacher sind da. 1Kor 16
Paulus hat verschiedene Möglichkeiten, aus denen er wählen muss. Einerseits wäre es gut, nach Korinth zu kommen – aber wenn, dann für längere Zeit, nicht nur auf Stippvisite. Andererseits hat er jetzt, in Ephesus, noch große Möglichkeiten für die evangelistische Gemeindearbeit. Er entscheidet sich also für jetzt gegen Korinth. Warum? Wegen der momentanen Möglichkeiten – sie sind seine offene Tür.
Woran erkennt Paulus die offene Tür? An den Wirkungen, die er in Ephesus erzielen kann (die Lutherübersetzung lautete bis 1964 etwas freier: Eine Tür, die viel Frucht wirkt.)
Es hätte auch andere Signale gegeben, die Paulus vielleicht als Nein Gottes zu Ephesus deuten können: viele Gegner. Aber dieser Widerstand hat die guten Wirkungen nicht vereitelt – deshalb war die offene Tür als Signal Gottes für Paulus wichtiger. Widerstände sprechen nicht gegen eine offene Tür als Ja von Gott.
Paulus will aber von vornherein nur bis Pfingsten bleiben. Für seine Planung spielen also auch noch andere Faktoren mit. Die offene Tür ist nicht das einzige geistliche Kriterium, nach denen er seine Pläne gestaltet.
7.2 Offene Tür – nicht immer ein „Ja“ von Gott
12 Als ich nach Troas kam, um das Evangelium von Christus zu verkündigen, stand mir zwar eine Tür offen im Herrn, 13 mein Geist aber fand keine Ruhe, weil ich meinen Bruder Titus nicht antraf; so verabschiedete ich mich von ihnen und zog weiter nach Makedonien. 2Kor 2
In einer anderen Situation gab es ebenfalls eine offene Tür, aber Paulus hat sich dennoch gegen sie entschieden. Ein anderes wichtiges Signal stand dagegen – der fehlende innere Friede aufgrund der fehlenden Versöhnung (siehe 6.1).
Wenn Gott also durch eine offene Tür redet, dann müssen wir immer auch andere Signale Gottes vergleichen. Eine Entscheidung sollte nicht ausschließlich wegen einer offenen Tür getroffen werden. Es kommt auf das Zusammenspiel von Gottes Signalen an.
7.3 Ein „Ja“ von Gott, obwohl die Tür noch zu ist
2 Haltet fest am Gebet, wachen Sinnes und voller Dankbarkeit! 3 Betet zugleich auch für uns, dass Gott uns eine Tür für sein Wort öffne und wir das Geheimnis Christi verkündigen können, um dessentwillen ich in Fesseln liege, 4 damit ich es offenbar machen und davon reden kann, wie es meine Aufgabe ist. Kol 4
Paulus ist im Gefängnis. Er hat oft gesagt, dass das zum Weg Gottes mit ihm gehört. Deshalb nennt er sich manchmal einen „Gefangenen Jesu Christi“. Das bedeutet a) Er ist von Christus „ergriffen“ worden, er gehört jetzt ihm als sein Eigentum. b) Paulus ist wegen seines Einsatzes für Christus gefangen. c) Paulus ist nicht der Gefangene der römischen Behörden, sondern gehört immer noch zuerst Christus. Die irdischen Machthaber werden entmächtigt durch diesen Ausdruck „Gefangener Jesu Christi“. Für Paulus ergibt sich daraus: Im Gefängnis ist er jetzt am richtigen Ort, obwohl er natürlich auf Freispruch hofft.
Paulus braucht nicht irgendeine offene Tür, damit er sich sicher ist: Gott sagt jetzt „Ja“ zu seinem Gefängnisaufenthalt. Aber wenn Gott den Paulus nun einmal dorthin stellt, dann sollte doch wohl auch eine Tür für Gottes Reich aufgehen! Darum sollen die Christen in Kolossä beten. Paulus rechnet damit, dass die Tür zu den Menschen nicht geschlossen bleibt – warum? Weil es in Freiheit oder im Gefangenschaft immer seine Lebensberufung ist, Jesus zu verkündigen (V. 4). Dazu hat Gott sowieso „Ja“ gesagt. Aus diesem Ja soll dann eine offene Tür folgen.
Manchmal brauchen wir also keine offene Tür als Entscheidungshilfe. Unsere Entscheidungen können wir dann klar treffen, wenn wir uns über unsere Berufung im Klaren sind. Offene Türen könnten aber nachträglich eine weitere Bestätigung für unsere Entscheidung sein.
7.4 Ein Ja Gottes, obwohl die Tür nicht aufgeht?
Gibt es auch die Situation, wo Gott uns an einen Platz gestellt hat und wir dort bleiben sollen, obwohl auf Dauer keine Tür aufgeht?
Das kann es geben. David hatte seine Platzanweisung von Gott schon früh bekommen: er war zum König gesalbt worden. Zunächst schien sich auch ein Weg an den Königshof zu bahnen, obwohl dort noch ein anderer König war, Saul. David kam als Musiker dorthin. Später heiratete er sogar in die Königsfamilie ein. Doch danach verschlossen sich alle Türen, er wurde von Saul verfolgt, musste fliehen und in den Untergrund gehen. Dennoch war seine Lebensberufung klar. Erst sehr spät, nach Ablauf einer langen aufreibenden Zeit, ging die Tür zum Königtum dann doch auf.
Wann können wir in unserem Leben an einem Ja Gottes zu unserer Berufung festhalten, auch wenn die äußeren Türen zugehen? Wenn Gott uns auf eine an-dere, sehr deutliche Weise unsere Lebensberufung klar gemacht hat.
7.5 Eine geschlossene Tür als ein „Nein“ von Gott
Es kann auch vorkommen, dass Türen zugehen und Gott dies als Signal gibt, dass wir unseren Ort wechseln sollen. Gott bringt uns dann zum Aufbruch und die geschlossene Tür ist ein Reden Gottes. Auch das hat Paulus einmal erlebt:
19b So habe ich denn das Evangelium Christi verkündigt von Jerusalem und seiner Umgebung aus bis nach Illyrien 20 und dabei stets alles darangesetzt, das Evangelium nur dort zu verkündigen, wo Christus noch nicht bekannt war. Ich will ja nicht auf eines andern Fundament bauen [...]. 22 Das ist es, was mich immer wieder daran gehindert hat, zu euch zu kommen. 23 Jetzt aber habe ich keinen Raum mehr hier in diesem Gebiet, auch sehne ich mich seit Jahren danach, zu euch zu kommen, 24a wenn ich einmal nach Spanien reise. Röm 15
Paulus hat lange Zeit Gottes Ja zu seinem Wirkungsgebiet gespürt, aber nun hat er „keinen Raum“ mehr dort. Die Möglichkeiten sind zu eng geworden. Wenn er jetzt noch bleiben würde, müsste er vielleicht dort wirken, wo bereits andere Evangelisten an der Arbeit sind – und das gehört ausdrücklich nicht zu Paulus’ Auftrag.
Die sich schließende Tür gibt Paulus also Anlass, sich neu zu orientieren.
Das kann auch in anderen Zusammenhängen einmal so sein. Der Prophet Amos zeigt dem Volk auf, wie ihre Möglichkeiten nach und nach immer enger werden, und versteht das als Signal Gottes (das aber leider nicht beachtet wird).
6 Und so habe dann ich euren Zähnen nichts zu kauen gegeben in allen euren Städten und euch Mangel gegeben an Brot an allen euren Orten. Dennoch seid ihr nicht zurückgekehrt zu mir! Spruch des HERRN.
7 Und so habe dann ich euch den Regen vorenthalten, als es noch drei Monate waren bis zur Ernte. Und auf die eine Stadt ließ ich es regnen, auf die andere aber ließ ich es nie regnen. Ein Feld erhielt Regen, ein anderes aber, auf das es nie regnete, vertrocknete. 8 Da wankten zwei, drei Städte zur selben Stadt hin, um Wasser zu trinken, aber sie wurden nicht satt. Dennoch seid ihr nicht zu-rückgekehrt zu mir! Spruch des HERRN.
9 Mit Kornbrand und mit Vergilben habe ich euch geschlagen; eure Gärten und eure Weinberge habe ich zahlreich gemacht, eure Feigen und eure Oliven aber hat die Raupe gefressen. Dennoch seid ihr nicht zurückgekehrt zu mir! Spruch des HERRN.
10 Ich habe euch die Pest gesandt, wie ich sie Ägypten gesandt habe. Eure jun-gen Männer habe ich umgebracht mit dem Schwert, und auch eure gefangenen Pferde, und den Gestank von euren Lagern habe ich aufsteigen lassen in eure Nase. Dennoch seid ihr nicht zurückgekehrt zu mir! Spruch des HERRN.
11 Ich habe eine Zerstörung unter euch angerichtet wie die Zerstörung von Sodom und Gomorra durch Gott, und ihr wart wie ein Holzscheit, das aus dem Brand gerettet wurde. Dennoch seid ihr nicht zurückgekehrt zu mir! Spruch des HERRN. Amos 4
Die sich schließenden Türen waren ein Aufruf zur Umkehr. Man hätte aufwachen und neu nach Gott fragen sollen. Ähnlich ruft auch der Prophet Haggai auf: „Achtet doch mal darauf, wie es euch geht!“ (Hag 1,5.7; 2,15.18).
Es könnte jemandem schlecht gehen und er ist von Gott her dennoch am rich-tigen Platz. Das müsste derjenige aber dann deutlich von Gott gehört haben (so wie Paulus im Gefängnis). Oder aber es geht jemandem schlecht, weil die vorherige bessere Lage ohne Gott zustande gekommen ist. Dann muss man umkehren.
7.6 Fazit
Auch die „offene Tür“ ist ein Signal Gottes, das nur in Zusammenhang mit anderen Signalen aussagekräftig ist. In einer Entscheidung sollten wir auf den Zusammenklang der verschiedenen Äußerungen Gottes achten und nicht nur wegen eines einziges Eindruck entscheiden.