Sonntag, 28. Dezember 2014

Predigt: Christus ist der Herr über deine Zeit

Predigt über Lukas 8,40-56
Christus ist der Herr über deine Zeit



Liebe Gemeinde,



Rückblick auf die vergangene Zeit – das machen vermutlich viele von uns gerade jetzt, zwischen den Jahren. An Silvester werden sich viele Gelegenheit dafür nehmen, aber auch jetzt schon, in den ruhigen Tagen davor kommt man oft ins Nachdenken. Und nicht immer ist der Rückblick mit Dank gefüllt. Oft kommen uns auch schwere Erfahrungen in den Sinn.

Ich möchte mit euch einen biblischen Bericht lesen, der einen Blick zurück enthält. Und dann auch einen Ausblick.

  Textlesung: Lukas 8,40-56
Zwölf Jahre! Zweimal zwölf Jahre. Das Mädchen, die Tochter von Jaïrus, wurde zwölf Jahre alt und starb dann. Die Frau, die sich zu Jesus drängte, war zwölf Jahre lang krank. Ohne dass die beiden einander kannten, verliefen ihre Leben irgendwie parallel. Zweimal zwölf Jahre. In dem Jahr, in dem Jaïrus seine Tochter bekam, in diesem Jahr begann die Krankheit der Frau.

Was waren das für Jahre gewesen? Wie würde der Rückblick der beiden Frauen auf die letzten zwölf Jahre aussehen?

Das Mädchen hat vermutlich ein glückliches Leben gehabt. Sie war das einzige Kind ihrer Eltern. Sie wird ihnen lieb und teuer gewesen sein. Wahrscheinlich war sie gut umsorgt. Ihr Vater war Synagogenvorsteher. Ein Mann also, der immer wieder Gottes Nähe suchte. Jemand, der sich um Gottes Wort kümmerte. Gut möglich, dass er Segen dadurch erfahren hat: „Gott nahe zu sein ist mein Glück“, steht in einem Psalm. Der Synagogenvorsteher und seine Familie haben vielleicht dieses Glück erlebt.

Und die Tochter hatte einen mutigen Vater. Einen, der sich voll und ganz für sie einsetzt, einen Vater, dem sie nicht gleichgültig war. Denn als sie todkrank war, ging Jaïrus zu Jesus. Zu Jesus, diesem zweifelhaften Wanderprediger, den die offiziellen Glaubensführer schon im Visier hatten. Jesus war verdächtig – und den holt Jaïrus in sein Haus. Als Synagogenvorsteher! Jaïrus ging ein Risiko ein, aber sein Ruf war ihm egal. Es ging um seine Tochter. So einen Vater hatte die. Zwölf Jahre – es waren wohl glückliche Jahre.

Und daneben die kranke Frau. Vor zwölf Jahren ging es los mit den Blutungen, ununterbrochen. Zwölf Jahre krank. Schwach. Matt von Blutarmut und Eisenmangel vermutlich. Zwölf Jahre lang durfte sie auch nicht zum Tempel kommen, durfte nur zu Hause beten, wegen der Reinheitsgesetze. Gottes Nähe? Die war für sie nicht so greifbar.

Lange hatte sie versucht, ihre Krankheit loszuwerden. Hatte viele Ärzte aufgesucht. Denen war sie lieb und teuer, denn sie hatte Geld, und die Ärzte konnten es kassieren. Aber helfen konnten sie nicht. Auf jedem Weg zu einem neuen Arzt hatte sie vermutlich neue Hoffnung geschöpft. Und dann war es wieder nichts geworden. Eine Achterbahn von Hoffnung und Enttäuschung. Und am Ende war sie auch noch arm geworden dabei.

Zweimal zwölf Jahre. Zwölf ganz ungleiche Jahre. In ein und demselben Jahr begann für die eine das Glück und die andere das Unglück. Das Schicksal ist ungerecht verteilt. Das Schicksal ist ein mieser Verräter.

Und war ist leider immer schon so. Die Geschichte der beiden Frauen wiederholt sich zu allen Zeiten. Ich glaube, wir alle kennen das aus unserem Bekanntenkreis – oder von uns selbst: Die einen haben eine unerschöpfliche Kraft und könnrn fröhlich drauflos leben, die anderen werden ständig ausgebremst: wieder ein Tag mit Migräne. Wieder vier Stunden beim Arzt gesessen, ohne dass dem was Neues einfiel. Die einen meistern jede Krise und fallen immer wieder auf die Füße. Die anderen gehen schon auf dem Zahnfleisch und dann kommt noch was obendrauf. Die einen können dreimal im Jahr in Urlaub fahren, die anderen leben vom Dispositionskredit – und dann geht auch noch das Auto kaputt. Die Lebensumstände sind ungleich verteilt. So ist das nun mal.

Und was würde Gott dazu sagen? Findet er das in Ordnung so? Wenn wir in die Lebensgeschichte der beiden Frauen schauen, der Tochter von Jaïrus und der kranken Frau, dann sehen wir: Ja, auch in Gottes Wort ist das nun einmal so. Das Schicksal ist ungleich verteilt. Der Rückblick auf das Leben fördert es zutage: Es geht ungerecht zu.

War Gott wenigstens bei diesen Menschen? Die zwölfjährige Tochter durfte in der Familie des Synagogenvorstehers ein Leben in Gottes Nähe führen. Aber die kranke Frau? Wo war Gott bei ihr? Ist Gott der Herr über ihre Zeit? Über ihre Vergangenheit?

Oder ist das Leben doch nicht so ungerecht, wie es auf den ersten Blick scheint? Die kranke Frau konnte ja immerhin leben. Vor den zwölf Krankheitsjahren hatte sie lange Jahre mit Gesundheit. Und die Blutungen dann waren schwer zu ertragen, aber es war keine tödliche Krankheit. Sie durfte leben. Das Mädchen aber war nach zwölf Jahren tot, und Jaïrus war völlig verzweifelt. Vielleicht hätte er für seine Tochter jetzt gern mit dem Leben der kranken Frau getauscht?

Und schauen wir noch einmal genauer hin. Die Frau hatte ihr ganzes Vermögen an die Ärzte verloren. Sie hatte also welches gehabt. Sie war wohlhabend gewesen. Ganz so ungerecht war das Schicksal also doch nicht – oder ?

Aber helfen solche Vergleiche? Und kann man sagen, die kranke Frau hat auf ihre Weise Gottes Segen erlebt? Indem Gott ihr Lebenszeit schenkte, weitaus mehr als nur zwölf Jahre? Und indem er ihr Wohlstand schenkte? War Gott irgendwie doch Herr über ihre Zeit?

Wer um einen Menschen trauert wie Jaïrus oder wer zermürbt ist von chronischer Krankheit, dem helfen solche Vergleiche nicht. Der ist einfach belastet. Und das ist nun einmal so. Und Gottes Wort spricht davon. Gottes Wort kennt die Ungerechtigkeiten unseres Lebens. Was unser Leben ausmacht, ist in der Bibel aufgezeichnet. Und Jesus kommt genau in solche Lebensschicksale hinein – in die ungerecht verteilten. In die Lebensschicksale voller Krankheit oder wo ein Leben weit vor der Zeit zerbricht.

Zweimal zwölf Jahre – und jetzt laufen die Lebenslinien dieser beiden Frauen in einer einzigen Stunde zusammen. In der Stunde, wo sie zu Jesus gehen. Jaïrus will Jesus in sein Haus holen, bevor die Tochter ganz stirbt. Und die kranke Frau drängelt sich zu Jesus durch. Beide setzen alles auf Jesus. Beide erwarten nur noch von ihm, dass ihr Leben sich wendet. Beide glauben Jesus, jeweils auf die eigene Weise. Beide zeigen Vertrauen, das aus der Trauer und der Enttäuschung doch noch hervorbricht.

Und beide erleben dasselbe: Jesus reagiert. Jesus greift ein. Egal wie glücklich oder unglücklich die letzten zwölf Jahre gelaufen sind, egal wie ungerecht das Schicksal war, egal, ob man Gott darin finden konnte oder nicht – ab jetzt, ab dieser Stunde ist Jesus zuständig für das Leben der beiden Frauen. Ab dieser Stunde ist Jesus ins Spiel gekommen. Jetzt ist er Herr über ihre Zukunft, Herr über ihre Zeit. In dieser einen Stunde ist Jaïrus und ist der kranken Frau etwas ganz besonderes gelungen: Vertrauen. Glaube. Inmitten des Schmerzes ein Funken Glaube! Die bitteren Fragen im Rückblick werden nicht beantwortet. Keiner von beiden erfährt, warum Gott diese zwölf Jahre zugelassen hat, warum er das Glück zuließ und das Unglück. Der Rückblick bleibt voller Rätsel. Aber jetzt gibt es nicht mehr nur den Rückblick. Jetzt endlich gibt es auch einen Ausblick: Jesus ist da! Das passiert in dieser einen Stunde.

Die kranke Frau wird gesund. Und noch mehr: Sie erkennt Jesus. Sie lernt den Retter kennen, den Gott geschickt hat und der noch viel mehr für ihr Leben bereit hat als Gesundheit: „Gehe in Frieden!“ Unendlicher Friede liegt vor ihr – das ist ihr Ausblick.

Der Glaube von Jaïrus wird in dieser Stunde noch einmal unerträglich auf die Folter gespannt. Während Jesus der Frau hilft, läuft ihm die Zeit weg. Seine Tochter stirbt endgültig. Ein Bote meldet es. Aber Jesus macht einfach weiter, er geht trotzdem mit Jaïrus nach Hause und weckt die Tochter wieder auf. Nach den zwölf Jahren ist doch noch kein Schluss! Auch sie hat einen Ausblick bekommen. Und Jaïrus hat Anlass, über Jesus nachzudenken – warum der ein solches Wunder tun kann. Das ist der Ausblick für Jaïrus.

Zweimal zwölf Jahre – sie treffen sich in dieser einen Stunde und danach wird alles anders. Worin liegt der Unterschied? Diese zwölf Jahre waren Jahre vor Jesus – bevor Jesus hinzu kam. Und nach dieser einen Stunde beginnt die Zeit seit Jesus. Die Zeit mit Jesus. Das ist die Trennlinie, die den Unterschied macht.

Und an dieser Stelle muss ich in der Predigt tief Luft holen. Denn an dieser Stelle – finde ich – passt der Bericht über diese beiden Frauen nicht mehr so richtig zu uns. Wir blicken zurück auf die letzten zwölf Stunden oder zwölf Wochen oder Monate, manche vielleicht auch auf zwölf Jahre: Aber das waren doch keine Monate und Jahre vor Jesus. Wir wenden uns doch nicht erst heute an Jesus, als hätten wir es bisher nie getan. Die meisten von uns leben doch sehr bewusst schon längere Zeit mit Jesus. Und wir merken: So einfach ist das nicht wie in diesem Bericht – „in dem Moment, wo wir Jesus hinzubitten, wird alles anders“. Sondern viele von uns haben Jesus wieder und wieder in eine Lebenslage hineingebeten. Haben ihr Schicksal nicht nur beklagt, sondern in die Hand von Jesus gelegt. Haben vertraut wie Jaïrus und wie die kranke Frau: „Wenn ich ihn auch nur berühre, werde ich gesund“ – wenn ich ihn aus vollem Herzen bitte, wird er mir helfen. Und manchmal hat er das auch getan. Aber wann anders gingen die „zwölf Jahre“ dann einfach so weiter – mit Jesus und mit Lasten. Krankheit. Schulden. Ungerechtigkeit. Es wurde nicht alles anders. Für uns Jesusjüngerinnen und Jesusjünger passt dieser Bericht an dieser Stelle deshalb nicht so richtig, und das sage ich mit Trauer. Das tut mir weh, weil ich genug Menschen kenne, die an Jesus fest glauben und dennoch leiden und die auch in einem Leben mit Jesus in der Versuchung sind zu sagen: Das Schicksal ist ein mieser Verräter!

Hat der Bericht über die zweimal zwölf Jahre uns trotzdem noch etwas zu sagen? Auch wenn bei uns die Trennlinie anders verläuft, wenn wir nicht erst kurz davor stehen, Jesus einzuladen, sondern wenn wir diese Linie längst überschritten haben?

Ich glaube: ja. Blenden wir uns einmal in das Haus von Jaïrus ein. Zoomen wir diese Szene ganz nah heran. Das Haus ist voller Menschen. Sie klagen und trauern, sie schreien laut. Der Vater Jaïrus ist da – vielleicht rauft er sich die Haare oder er zerreißt sein Gewand. Die Tochter liegt da. Tot. Und das, obwohl Jaïrus voller Vertrauen zu Jesus gegangen ist. Was kann Jaïrus dafür, dass Jesus nicht rechtzeitig mitkommt? Jaïrus hat doch diese Linie überschritten, dass er sich an Jesus gewandt hat. Für ihn hat doch eigentlich die Zeit „seit Jesus“ angefangen. Aber er kam nicht, er tat nichts. Jaïrus hat auf Jesus gewartet, wie wir das auch oft tun. Für ihn war es nur eine Stunde ungefähr aber in dieser Stunde ist dann ja die Entscheidung gefallen und die Tochter ist gestorben.

Jesus ist dann doch noch angekommen. Zwar zu spät, aber jetzt ist er im Haus. Er hatte gesagt: „Hab keine Angst. Vertrau mir und sie wird gerettet werden.“ Vertrau mir. Auch jetzt noch. Auch wenn die Tatsachen scheinbar dafür sprechen, dass es zu spät ist. Dass die Sache entschieden ist.

Was Jesus dem Jaïrus sagt, ist im Grunde Folgendes: Jaïrus, zieh nicht zu früh einen Schlussstrich! Jaïrus, verlass dich nicht auf deine eigene Zeitrechnung. Die sagt dir vielleicht: Die Zeit, in der sich noch was ändern kann, ist vorbei. Es ist aus. Aber jetzt bin ich gekommen und ich sage dir: Ich habe meine eigene Zeitrechnung. Ich bin der Herr über deine Zukunft. Ich bin der Herr über deine Zeit. Ich kann auch jetzt noch alles ändern. Hab keine Angst. Vertrau mir und sie wird gerettet werden. Zieh nicht zu früh einen Schlussstrich.‹

Und genau das ist es, was Jesus auch zu dir sagt, wenn du nach Jesus gerufen hast und wenn er nicht kam – oder nicht rechtzeitig kam. Diese Stunde, in der Jaïrus auf Jesus wartete, die dauert für dich vielleicht viel länger als eine Stunde. Die Stunde im Haus von Jaïrus dehnt sich unerträglich aus, sie dauert vielleicht zwölf Jahre oder mehr. Aber Jesus sagt dir: Zieh nicht zu früh einen Schlussstrich. Verlass dich nicht auf deine eigene Zeitrechnung. Ich bin der Herr über deine Zeit. Hab keine Angst. Vertrau mir. Auch jetzt noch kann ich alles ändern. Ich habe meine eigene Zeitrechnung. Fürchte dich nicht, glaube nur.‹

Kannst du das Jesus abnehmen? Kannst du das als sein Wort annehmen? Glauben, dass er eine andere Zeitrechnung hat? Dass er immer noch Herr über deine Zeit ist? Kannst du die Hoffnung spüren, die Gottes Wort dir machen will?

Vielleicht gehörst du zu denen, die noch warten. Denen Gott noch nicht geholfen hat. Du sitzt in deinem Haus und schaust deiner Hoffnung zu, wie sie da auf dem Bett liegt und ihre letzten Atemzüge tut. Wenn das so ist, dann bist du im Haus von Jaïrus. Aber wenn du dort bist, im Haus von Jaïrus, dann schau dich einmal um. Wer ist da noch? Was umgibt dich? Da ist das Krankenbett, das zum Sterbebett wird. Da sind die Nachbarn und Freunde, die laut klagen, weil sie auf die sichtbaren Tatsachen schauen. Da ist der Bote, den die Leute von Jaïrus geschickt haben und der sagte: Jesus braucht nicht mehr zu kommen, es ist vorbei. Aber das ist noch nicht alles. Im Haus von Jaïrus ist auch Jesus. Er hat noch nicht gehandelt. Er hat noch kein Wunder getan. Aber er ist schon da. Er sitzt neben Jaïrus. In Jaïrus' Ohr klingt noch nach, was Jesus unterwegs zu ihm gesagt hat: „Hab keine Angst. Vertrau mir und sie wird gerettet werden.“ Und Jesus sagt jetzt zu Jaïrus und allen anderen in seinem Haus noch etwas: „Hört auf zu weinen! Sie ist nicht tot,sie schläft nur.“ Klar, jeder weiß, dass sie tot ist. Aber für Jesus, den Herrn über Leben und Tod, ist der Tod, wenn’s drauf ankommt, manchmal nur wie ein Schlaf und er kann aufwecken. Er hat es noch nicht gemacht. Aber er hat es bereits gesagt.

Du bist im Haus von Jaïrus, und neben dir ist also Jesus. Und was er gesagt hat, steht im Raum. Du musst noch warten. Das Wunder ist noch nicht passiert. Aber du wartest nicht allein. Jesus ist im Haus und sein Wort füllt den Raum. Und sein Wort will deine Seele und dein Herz füllen. Und dann weißt du: Auch jetzt schon, noch vor dem Wunder, ist Jesus der Herr über deine Zeit. Er blickt weiter. Wo andere einen Schlussstrich gezogen haben, da gibt Jesus dir einen Ausblick. Er blickt mit dir voraus. Du wartest nicht allein.

Und irgendwann kommt der Moment, wo das Wunder passiert. Wo alle außer sich sind, weil sie das nie für möglich gehalten haben. Wo deine Hoffnung wieder auferweckt wird. So etwas kann immer noch passieren. Vielleicht nicht an der Stelle, auf die du gestarrt hat. Vielleicht ganz woanders. Vielleicht lässt Gott bei dir eine Tür verschlossen, aber er macht nebenan ein Fenster auf. Du kannst es noch erleben. Manchmal tut Gott sein Wunder auch erst in der Ewigkeit. Wenn er den Tod endgültig entmachtet. Auch dann noch ist es ein Wunder. Und auch dann noch ist es nicht zu spät. Christus ist der Herr über deine Zeit. Und über deine Ewigkeit. Aber wie oft hat er dann doch schon innerhalb des Lebens, im Diesseits, sein Wunder getan! Allzu spät vielleicht – nach unserer Zeitrechnung. Aber nicht zu spät.

Fürchte dich nicht, glaube nur. Das hat Jesus zu Jaïrus gesagt. Und als Jaïrus noch warten musste, war Jesus an seiner Seite.

Und dann war da ja noch die andere Frau, die zwölf Jahre lang krank war. Sie hat ihr Wunder bereits erlebt. Zu ihr hat Jesus gesagt: „Meine Tochter, geh in Frieden.“ Das was sein Wort an sie nach dem Wunder.

Ich bete, dass Jesus es heute zu dir sagt, auch wenn du vielleicht noch vor dem Wunder bist, es noch nicht erlebt hast: Mein Sohn, meine Tochter, geh in Frieden.



Amen.

Predigt: Beten hat Folgen


Beten hat Folgen

Predigt über Philemon 22



Das Ruderboot muss vorwärts kommen. Alle rudern wie verrückt. Das Team besteht aus starken Männern und Frauen. Sie legen sich in die Riemen. Wir sehen angespannte Muskeln und zusammengebissene Zähne. Aber es ist schwer. Der Kanal, in dem das Boot fährt, hat zu wenig Wasser. Der Kiel des Bootes rumpelt über den Grund. Immer wieder hängt es fest. Deshalb ist es so schwer vorwärtszukommen. Deshalb legen sich alle ins Zeug. Angespannte Muskeln, zusammengebissene Zähne. Der Schweiß fließt. Das Boot kommt langsam voran, aber es kostet viel Kraft.

Dreißig Meter entfernt arbeitet eine zweite Mannschaft. Starke Männer und Frauen. Sie strengen sich sehr an. Zusammengebissene Zähne und angespannte Muskeln auch hier. Sie drehen an einem großen mechanischen Rad. Sie versuchen, ein Schleusentor zu öffnen. Es geht schwer, weil das Tor groß ist. Aber wenn sie es aufbekommen, wird Wasser in den Kanal nachfließen. Das Ruderboot wird sich heben und dann viel besser vorankommen. Die Rudermannschaft wird ihre Muskelkraft viel effektiver einsetzen können, ihre Energie wird nicht mehr nutzlos verpuffen. Deshalb strengt sich das Team am Schleusentor mächtig an. Der Schweiß fließt. Muskeln arbeiten, um das Wasser zum Fließen zu bringen.

Zwei Mannschaften kämpfen. Beide setzen enorme Kraft ein, um das Ruderboot zu bewegen. Die einen direkt im Boot, die anderen entfernt davon.

Welche Mannschaft ist wichtiger?

Auf welche Mannschaft könnte man eher verzichten?

Der Kanal ist kein fließendes Gewässer. Die Ruderer sind also wichtig. Ohne dass sich starke Leute in die Riemen legen, wird das Boot sich nicht bewegen. Aber weil zu wenig Wasser da ist, wird sich das Boot auch nicht ohne die Kämpfer am Schleusentor bewegen.

Welche Mannschaft ist wichtiger? Keine – beide sind gleich wichtig.

Ich habe euch etwas über zwei Mannschaften und ein Ruderboot erzählt. Aber eigentlich habe ich dabei über ein ganz anderes Thema gesprochen. Eigentlich habe ich etwas über das Beten gesagt.

Jeder hier hat in seinem Leben vermutlich ein paar Stellen, wo sich etwas bewegen soll. So wie es ist, kann es nicht bleiben. Wie es in der Familie aussieht. Dein eigenes Verhalten am Arbeitsplatz vielleicht. Deine Gesundheit oder was davon übrig geblieben ist. Deine Ehe womöglich. Es muss sich etwas bewegen. Und auch als Gemeinde möchten wir etwas bewegen. Fast nie geht da was von alleine. Immer muss man etwas dafür tun. Sich ins Zeug legen. An sich arbeiten. Für andere arbeiten. Trainieren. Gesundheitsregeln beachten – oder was auch immer. Aber all das, was wir tun können und oft auch mit Anstrengung tun müssen – all das entspricht nur einer von zwei Mannschaften. Es gleicht der Mannschaft im Boot. Ja, die müssen was tun.

Genauso wichtig ist aber die zweite Mannschaft. Die am Schleusentor. Auch hier braucht es ganzen Einsatz. Und das Schleusentor steht für das Gebet. Wenn du auch hier arbeitest, auch hier Zeit und Kraft reinsteckst, dann ist es, also würde sich langsam das Tor öffnen. Wasser fließt nach und füllt deinen Kanal. Und das, was du bewegen möchtest, bewegt sich auf einmal viel leichter. Weil du an der richtigen Stelle investiert hast: am Schleusentor. Im Gebet.

Wenn wir die Bibel aufschlagen, begegnen wir einer Menge von Leuten, die solche Erfahrungen mit dem Gebet gemacht haben. Und wir begegnen dem Gott, der immer wieder und gern auf die Gebete seiner Leute reagiert. Ich möchte mit euch ein Beispiel anschauen, nämlich Paulus. Der saß im Gefängnis und hatte einen Brief an seinen Freund und Mitarbeiter Philemon geschrieben, aber der Brief ging nicht nur an Philemon privat, sondern zugleich an die ganze Gemeinde. Paulus schrieb da folgendes:

Bereite zugleich eine Unterkunft für mich vor! Denn ich hoffe, dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde. (Phlm 22 )

Zwei schlichte Sätze am Schluss eines Briefs. Am Ende teilt er noch seine Reisepläne mit. Diese beiden schlichten Sätze aber haben es in sich – sie zeigen uns eine Menge darüber, wie man betet. Ich möchte das in drei Punkten zeigen.

1. Beten wirkt.



„Ich hoffe, dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde.“ Paulus ist im Knast, aber er glaubt, dass er bald wieder draußen ist. Wie will er da wieder rauskommen aus dem gesicherten römischen Gefängnis? Auf dem Rechtsweg, durch Anwälte und Gerichtsverhandlung? Ja, vielleicht – aber die eigentliche Ursache, dass er freikommt, sieht er woanders: „durch eure Gebete.“

Durch eure Gebete – davon verspricht Paulus sich was. Nicht zuerst durch eure Rechtsberatung, durch eure Anwälte, durch eure Beziehungen oder etwa durch eure Bestechungsgelder. Sondern durch eure Gebete. Beten wirkt. Wer betet, löst etwas aus. Eine geschickte Verteidigung ist sicher auch gut vor dem römischen Gericht. Das wäre die Mannschaft im Ruderboot. Aber die Gemeinde ein paar Städte weiter entfernt, an die Paulus schreibt – die ist die Mannschaft am Schleusentor, und die ist jetzt am Zug: „durch eure Gebete“.

Beten wirkt. Wenn wir beten, fängt Gott an, etwas zu tun, das er nicht unbedingt so getan hätte, wenn wir nicht gebetet hätten. Viele Dinge tut Gott gerade deshalb, weil er danach gefragt wurde. Ohne Gebet würde vieles nicht so passieren. Doch betende Menschen habe es ausgelöst.

Das ist immer irgendwie unlogisch. Wieso sollte Gott auf unsere Gebete warten, bevor er etwas tut? Gott hat doch die viel größere Übersicht! Er weiß besser, was gut für uns ist. Und wenn Gott durch und durch voller Liebe ist und wenn er die Quelle von allem Guten ist – wäre es dann nicht logisch, dass er von sich aus das gibt, was wir brauchen? Von sich aus das tut, was gut ist? Sollte Gott etwa irgend etwas Gutes für sich behalten und uns nicht schenken, nur weil seine Leute vergessen haben, darum zu beten? Ist das nicht Unsinn?

Und wäre es nicht ein ganz kleiner Gott, der sich so von Menschen beeinflussen lässt? Sollen wir an einen Gott glauben, den wir erst dazu überreden müssen, das Richtige zu tun? Müssen wir ihn aufwecken, weil er sonst die Gelegenheiten verschläft? Das klingt doch alles widersinnig mit dem Gebet.

Ja, das ist so, ich gebe es sofort zu. Logisch ist das nicht. Wir würden uns einen solchen Gott nicht ausdenken. Aber Millionen von Menschen haben genau diese Erfahrung gemacht: Gott lässt sich bitten und er reagiert dann. Das waren nicht irgendwelche Menschen, die das erlebten, sondern unter diesen Millionen waren auch solche, von denen die Bibel berichtet. Menschen also, die ihren Platz in Gottes Wort bekommen haben. Immer wieder ist jemand aufgestanden und hat Gott leise gebeten. Oder laut angefleht. Oder mit ihm Verhandlungen begonnen. Versucht einen Deal einzufädeln. Oder hat mit Gott argumentiert, hat z.B. gesagt: Gott, wie stehst du denn da, wenn du dies jetzt nicht tust?! Andere haben immer wieder gebetet und Gott seine Versprechen vorgehalten: „Gott, du hast das doch so gesagt – warum tust du es denn jetzt nicht?“ Wieder andere haben geseufzt oder geklagt oder geschrien. Wie auch immer. Sie haben versucht, Gott zu erreichen und irgendwie Einfluss auf ihn zu nehmen. Und oft, ganz oft hat Gott etwas getan. Nicht immer das, wonach er gefragt wurde. Aber Gott wurde aktiv. Warum? Wegen der Gebete. Beten hat Folgen. Und deshalb hofft auch Paulus, dass er bald aus dem Gefängnis herauskommt: „Wegen eurer Gebete.“

Für mich persönlich ist das eine ziemlich nüchterne Entscheidung: Wenn Gott so auf meine Gebete reagiert, wenn so viel dabei herauskommt – dann nehme ich mir auch Zeit zum Beten. Dann gehe ich hin. Dann schließe ich mich der Mannschaft an, die da oben am Schleusentor arbeitet. Ich bin eigentlich nicht so ein Ausdauer-Beter. Ich kriege meist keine besonders lange Stille Zeit hin und ich arbeite nicht jeden Tag lange Listen mit Fürbitteanliegen ab. Ich versuche eher, zwischendurch viel zu beten, ganz kurz statt lange am Stück. Aber wenn Menschen zum 'Gebet zusammenkommen, plane ich es mir oft ein, hinzugehen. Das ist der Grund, warum ich den Gebetskreis so schätze. Mein „Gebet“ fängt eigentlich in dem Moment an, wenn ich mich auf den Weg mache. Denn schon das ist ein Bekenntnis. Ich bekenne dadurch: Vom Reden mit Gott verspreche ich mir jetzt mehr als wenn ich irgendwie anders aktiv wäre. Ich stimme mit den Füßen ab. Und schon dadurch, noch bevor ich irgend ein Gebet gesprochen habe, hab ich Gott mein Vertrauen ausgesprochen. Er sieht, dass ich jetzt da bin und Zeit habe. Ich glaube, das können wir noch viel mehr entdecken: das Abstimmen mit den Füßen. Die Vertrauensbekundung zu Gott, einfach dadurch, dass man hingeht in den Gebetskreis. Oder sich hinsetzt zu Hause – und betet. Oder dass man die Ältesten der Gemeinde ruft, damit die einen im Namen von Jesus mit Öl salben und um Genesung beten. Das Krankengebet nach Jakobus 5 wird auch in unserer Gemeinde praktiziert – allerdings kommen die Ältesten nicht von allein. Man muss sie rufen. Wie auch immer: Beten hat Folgen. Beten wirkt. Weil Gott reagiert.

Und wie geht das dann, wenn ich mich hinsetze und bete? Ist das anstrengend? Anstrengend vielleicht nicht nur, weil ich mich konzentrieren muss. Sondern anstrengend auch, weil ich doch dann glauben soll, das was passiert. Muss ich dann wirklich allen Glauben aufbringen? Etwas bei Gott erreichen? Und wenn ich nicht ganz fest glaube, das Gott das tut, worum ich ihn gebeten habe, dann wäre das Gebet doch nutzlos? Ich muss zugeben – solches Beten fände ich anstrengend.

Aber bei Paulus klingt es irgendwie anders. Das ist mein zweiter Punkt:

2. Hoffnung macht das Beten leicht.



„Ich hoffe,“ schreibt Paulus, „dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde.“ Ich hoffe. Nicht: Ich glaube fest. Auch nicht: Ich habe es im Glauben bereits ergriffen. Und auch nicht: Ich habe mir einen Ruck gegeben und gleich angefangen zu danken, obwohl ich noch nichts bekommen habe, weil ich ausdrücken will, dass ich fest glaube, dass ich es bekommen werde. All das, wie gesagt, kann oft eine Anstrengung werden.

Bei Paulus klingt es leichter: Ich hoffe. Wenn er hofft, dann weiß er es noch nicht genau. Dann hat er es noch nicht ergriffen. Aber er hat eine bestimmte Erwartung: Gut möglich, dass Gott es gibt. Aber wenn Gott es gibt, dann nicht, weil Paulus es angestrengt erkämpft hätte. Sondern wenn Gott es gibt, ist es ein Geschenk. „Ich hoffe, dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde.“

Was war bei euch das letzte Geschenk, das euch so richtig umgehauen hat? War es etwas, das auf eurem Wunschzettel stand? Oder eine Überraschung, die ganz unverhofft kam? Die hammermäßigsten Geschenke sind meist die Überraschungen. Da fliegt mir etwas zu – wow! Danke!

Wenn Gott uns etwas schenkt, ist es oft so, dass es uns zufliegt. Vielleicht hatten wir eine Hoffnung, aber wenn es dann da ist, sind wir einfach beglückt. Danke, Gott.

Beten kann deshalb immer wieder auch entspannt sein. Ich sage es Gott. Der hat es gehört. Jetzt ist er am Zug. Ich muss nicht zehnmal nachsetzen. Ich darf, wenn es mir auf der Seele brennt. Aber ich muss nicht. Er hat es ja schon gehört und hat gesehen, dass es mir ernst war.

Paulus lässt manchmal durchblicken, dass er für andere betet einfach dann, wenn er an sie denkt. „Jedes Mal, wenn ich an euch denke, danke ich meinem Gott. Ich bete immer für euch.“ (Phil 1,3). Das heißt ja: Ab und zu fallt ihr mir ein, regelmäßig, und dann bete ich. Oder Paulus sagt zu Timotheus: „Jedes Mal, wenn ich bete – bei Tag und bei Nacht –, denke ich auch an dich.“ (2Tim 1,3). Das klingt wie: Ich bete, indem ich an dich denke. Das war's schon. Paulus tut das oft. Aber wenn, dann ohne großen Stress. Er redet mit Gott, da fällt ihm ein: Ja, da gibt es auch noch den Timotheus, den bring ich dir jetzt auch noch. Und schon hat er für ihn gebetet.

Klar, bei Paulus gibt es auch das andere: Gebet als Kampf. Gebet, indem er Gott bestürmt. Das ist dann wirklich echte und harte Gebetsarbeit. Und das passt in das Bild der Arbeitsmannschaft am Schleusentor. Aber dieses Bild – ich habe es ja extra am Anfang der Predigt erzählt, aber dieses Bild ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist: Bete leicht und locker. Denk einfach an jemanden und tu das vor Gott. Oder denk an eine Sorge und erwähne sie, aber vor Gott. Und schon hast du gebetet. Und dann? Was wird Gott dann tun? Das ist seine Sache. Du kannst hoffnungsvoll sein. Deine Hoffnung kann dich beflügeln. Es muss nicht immer der schwere Glaubenskampf sein. Manchmal ist der dran. Aber nicht immer. Oft ist es das leichte Hoffnungsgebet. Und irgendwann fällt dir etwas zu. Ein Geschenk. Eine Überraschung. Auf diese Weise saß Paulus im Gefängnis. Er wusste: Die da draußen beten für mich. Ich falle denen ein und sie sagen es dann Gott. Und so hoffe ich, dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde. Hoffnung macht das Beten leicht.

3. Beten braucht Schlussfolgerungen



Bisher haben wir bei Paulus dies gesehen: Die Gemeinde, zu der Philemon gehörte, hat für ihn gebetet. Und Paulus selbst? Er hatte Hoffnung und war zuversichtlich.

Aber das ist noch nicht alles. Paulus hat auch eine Schlussfolgerung gezogen: „Bereite zugleich eine Unterkunft für mich vor! Denn ich hoffe, dass ich euch durch eure Gebete wiedergeschenkt werde.“ Paulus hat bei Philemon ein Quartier bestellt. Er hat seine Unterkunft gebucht, obwohl er noch im Gefängnis saß und obwohl noch kein Freispruch verkündigt war. Wie kam Paulus dazu, jetzt schon das Quartier zu buchen? Er vertraute auf die Folgen der Gebete. Und zog daraus auch für sich seine Schlussfolgerungen: Wenn die Gemeinde betet und wenn ich sehr hoffe, dass das Folgen hat, dann sind jetzt auch meine eigenen Folgerungen dran. Paulus hat also seine Zukunftspläne ganz auf die Hoffnung und auf die Gebete eingestellt. Er hat damit gerechnet, dass die Gebete etwas in Bewegung setzen.

Es gibt diesen frommen Satz – vielleicht habt ihr ihn schon mal gehört: „Bete, als ob alles Arbeiten nichts nützt, und arbeite, als ob alles Beten nichts nützt.“ Der Satz enthält ja ein Körnchen Wahrheit: Das Beten ist auch dann noch wirkungsvoll, wenn die Arbeit nichts nützt. Wenn die Rudermannschaft nicht vorankommt, kann die Mannschaft am Schleusentor es noch reißen.

Aber im Grunde finde ich den Satz falsch: Arbeite, als ob alles Beten nichts nützt. Das ist ja eigentlich eine Art von Unglauben – als ob das Beten nichts nützen würde. Ich meine vielmehr, das Beten muss einen Einfluss auf die Art haben, wie ich arbeite. Wenn ich für meine Arbeit gebetet habe, arbeite ich danach anders weiter. Mit offenen Augen dafür, was Gott mir bald schicken wird. Die Rudermannschaft wird anders rudern, wenn sie weiß, dass die Kollegen das Schleusentor bald aufbekommen haben. Die Ruderer werden mit mehr Hoffnung und auch mit besserer Stimmung rudern. Mit sinnvoll eingesetzter Kraft – nicht zu viel und nicht zu wenig. Paulus hat seine Zukunftspläne nicht so gefasst, als ob alles Beten nichts nützt. Sondern im Gegenteil, er hat die Möglichkeit eingeplant, dass das Beten Folgen haben kann.

Wenn du für etwas betest, dann richte dein Leben darauf ein, dass Gott dein Gebet erhören könnte. Angenommen morgens im Gebet oder auf dem Klo oder im Bus kommt dir der Gedanke in den Sinn: Mein Kollege oder meine Kollegin ist vielleicht heute schlecht drauf. Ihm oder ihr könnte es gut tun, wenn ich zuhöre. Du betest dann für diesen Menschen. Und dann? Was folgt daraus? Bei Gott folgt daraus, dass er dich über seinen Weg schickt. Und bei dir kann daraus folgen, dass du dich mittags in der Kantine neben diesen Menschen setzt. Mal schauen, was daraus wird. Vielleicht ein Gespräch, vielleicht auch nicht. Aber du hast dein Verhalten abgestimmt auf das, was du gebetet hast. Du hast deine Schlussfolgerungen gezogen.

Anderes Beispiel: Jemand hat dich vor anderen herabgesetzt und das wurmt dich mächtig. Du fühlst dich in deiner Ehre verletzt. Nachts liegst du im Bett und führst innere Gerichtsverhandlungen. Und du suchst Gelegenheiten, dein Image vor den anderen wieder aufzupolieren. Du drehst schon einen inneren Film, wie du es den anderen zeigen kannst, dass du im Recht bist und der andere dir Unrecht tat. Und dann betest du vielleicht. Dass Gott für dich eintritt. Dass Gott für dein Recht sorgt. Was ist die Folge dieses Gebets? Bei Gott hat es die Folge, dass er sich überlegt, wie er sich hinter dich stellen kann. Und was folgt für dich daraus? Vielleicht dies, dass du doch nichts inszenierst, was dich vor anderen rechtfertigt. Wenn Gott für deine Ehre eintritt, dann ist es überflüssig, dass du jede Gelegenheit suchst, um dir Ansehen zu verschaffen. Die Schlussfolgerung aus deinem Gebet wäre in diesem Fall, nichts zu tun. Und auf Gott zu vertrauen.

Manchmal besteht die Schlussfolgerung auch einfach darin, dass du morgens voller Hoffnung an deine Arbeit gehst. Eigentlich quält sich dein Projekt so mühsam vor sich hin. Eigentlich weißt du genau, dass der Haushalt abends fast genauso aussieht wie heute morgen und dass man nicht viel von dem sieht, was du heute tust. Aber du betest und dann – das ist die Schlussfolgerung – gibst du Gott die Gelegenheit, etwas aus diesem Tag zu machen. Und gehst deshalb nicht schlechtgelaunt durch den Tag und jammerst nicht so viel, sondern du glaubst, dass es eine Bedeutung hat, was du heute tust. Weil du Gott hinzugebeten hast. Und weil es deshalb doch nicht irgend ein grauer Regentag ist wie die anderen.

Richte deine Taten ein auf dein Gebet. Ich meine damit nicht: Bete für die Gesundheit und wirf dann die Tabletten weg und geh nie mehr zum Arzt. Das wäre keine Glaubenstat. Das wäre unfair. Denn du lebst ja nicht für dich allein, und der Glauben, den du in dem Moment vielleicht hat, den würdet du auch von den anderen in deiner Familie verlangen. Dass sie dich versorgen, falls du krank bleibst, obwohl du die Tabletten doch im Glauben weggelassen hat. Oder dass du deinen Mann zum Witwer machst, obwohl du die Operation doch aus Glauben abgesagt hast. Nein, deinen eigenen Glauben darfst du nicht auch noch anderen abverlangen, das wäre unfair. Paulus redet in dem Satz aus dem Philemonbrief gar nicht vom Glauben, sondern von der Hoffnung. Und wenn er Philemon bittet, ein Quartier bereit zu halten, dann bürdet er ihm keine unzumutbare Last auf. Aber eins tut Paulus: Er stimmt sein Leben auf die Gebete ab. Er zieht seine eigenen Schlussfolgerungen. Denn Beten hat Folgen. Bei Gott löst es eine Wirkung aus. Und bei Paulus selbst hat es deshalb auch Folgen. Er lebt anders weiter – weil gebetet wurde.

Ich möchte dich heute in die Mannschaft am Schleusentor einladen. In die Mannschaft, die eine wichtige Arbeit tut. Diese Arbeit ist scheinbar weit weg vom Geschehen. Diese Arbeit sieht nicht besonders aktiv aus. Aber ist ist unverzichtbar. Und anstrengend muss sie gar nicht sein. Es gibt auch das lockere, fröhliche Hoffnungsgebet. Lass dich in die Gebetsmannschaft einladen. Denn Beten hat Folgen.

Freitag, 19. September 2014

Hat Gott einen Plan für mein Leben?

Ob Gott durch alles Auf und Ab wirklich einen Plan für mein Leben hat? Und wenn ja -- welchen? Diese Fragen stellen sich, glaube ich, nicht nur fromme Menschen.
In der Bibel finden sich sehr überraschende Antworten auf diese Fragen. Und wie so oft, stellt die Bibel auch hier immer wieder die Ausgangsfrage auf den Kopf.
Mehr dazu in einer Predigt und drei Vorträgen, deren Aufzeichnung hier zu finden ist.

Mittwoch, 13. August 2014

Bibel und Biografie

Hat meine Lebensgeschichte einen Einfluss darauf, wie ich die Bibel verstehe? Und wenn ja - ist das eine Chance? Oder sind meine biografischen Prägungen eher hinderlich?
Und umgekehrt: Hat die Bibel einen Einfluss auf meine Lebensgeschichte?
Hier drei Vorträge vom mir zu diesen Fragen:
Bibel und Biografie Teil 1 
Bibel und Biografie Teil 2
Heil werden mit der Bibel
(vom Januar 2013)