Freitag, 14. August 2009

Wie viel Geld gehört Gott?

Hier eine ältere Predigt vom Mai 2009:

Predigt über Mt 23,23: „Wie viel Geld gehört Gott?“


Liebe Gemeinde,
die Predigt heute geht über unser Geld. Und zwar darum, ob wir nicht zehn Prozent unseres Geldes für Gott geben könnten. Bei diesem Thema fühle ich den starken Drang, am Anfang zu sagen: Keine Angst, es tut nicht weh!
Natürlich ist die Geldbörse eines unserer empfindlichsten Körperteile. Aber wir werden hören, welche Gedanken Gott dazu hat, und es war noch nie Gottes Absicht, uns einfach nur weh zu tun. Keine Sorge also!
Es ist nun sieben Jahre her, dass der Euro eingeführt wurde. Die D-Mark-Münzen und -Scheine wurde abgeschafft und sie kamen bald alle in den Himmel. Petrus entscheidet, wer hinein darf und wer nicht. Er winkt die Pfennige und Markstücke rein. Auch die Zwei- und Fünfmarkstücke dürfen hinein. Sogar die Zehnernoten. Auch ein paar Zwanzigerscheine sind dabei. Plötzlich sieht er aber die Fünfziger und Hunderternoten heranströmen und wehrt ab: „Halt, halt. Ihr wart euer Leben lang nie in der Kirche, ihr kommt hier nicht hinein!“
Tja, dieser Witz ist bestimmt nicht in einer Freikirche erfunden worden. Diese kirchlichen Kollekten von 23 Euro und zwei Hosenknöpfen kennen wir ja so nicht. Wir sind geübt darin, finanzielle Verantwortung für unsere Gemeinde zu tragen. Das verdient allen Respekt. Normale Kirchgänger würden sich wundern, wenn sie wüssten, wie viel bei uns gespendet wird.
Dennoch ist es immer wieder gut, dass wir uns klar machen: Entspricht das, was wir tun, unserem Herrn der Gemeinde, Jesus? Wie sieht er die Sache mit dem Geld?
Ich habe in der Vorbereitung auf dieses Thema eine Überraschung erlebt. Ich habe entdeckt dass Jesus einen Satz gesagt hat zu der Regel der zehn Prozent. Jesus hat seine Meinung zum Geben des Zehnten ausgesprochen. Das war mir vorher so nicht klar. Lasst uns diesen Satz von Jesus heute einmal betrachten. Er steht in Mt 23.

23 Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr gebt den Zehnten von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz außer Acht: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue. Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen. Mt 23

Ein heftiger Vorwurf an die Pharisäer. Wehe euch! Und das als Predigttext heute? Noch einmal sage ich: Keine Angst, es tut nicht weh! Jesus wirft den Pharisäern vor: Sie nehmen es genau mit den Kleinigkeiten, aber das Wichtigste fällt unter den Tisch. Ihr redet den anderen Menschen rein, wenn es um kleinste Ausführungsbestimmungen geht, aber beim Thema Barmherzigkeit sagt ihr nichts. Dabei wäre das doch nötig.
Diesen Vorwurf würde er uns so sicher nicht machen. Wir reden einander nicht rein, wenn es um kleinste Ausführungsbestimmungen geht. Wir achten die Entscheidungen des anderen. Wir leben in einer Zeit, die höchsten Respekt hat vor dem Lebensentwurf des einzelnen Menschen. Das ist in unserer Gemeinde nicht anders. Es gibt hier keine Kontrolle und keine Aufsicht, wer wie oft in den Gottesdienst kommt oder wer wie viel spendet. Das soll jeder selbst entscheiden. Und das, was Jesus als besonders wichtig bezeichnet: Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Treue – das ist wohl auch bei uns ein hoher Wert. Da sprechen wir einander schon drauf an: Sollten wir nicht barmherziger miteinander umgehen? Also: Unsere Gemeinde versucht, so zu leben, dass die wichtigen Themen oben stehen und die unwichtigen unten. Jesu Vorwurf an die Pharisäer trifft uns so nicht.
Aber nun hat Jesus ja trotzdem etwa gesagt zu der Übung, den Zehnten zu geben. „Man muss das eine tun, ohne das andere zu lassen.“ Also: Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Treue, das soll man tun. Aber zehn Prozent des Einkommens zu geben, das soll man trotzdem nicht bleiben lassen. Auch das hat seinen Ort – wenn man Gottes Willen sucht. Jesus hat den Zehnten nicht einfach abgeschafft. Er hat einen Sinn darin gesehen, selbst wenn er damals falsch praktiziert wurde. Jesus ist dafür, zehn Prozent seines Geldes Gott zu geben.
Warum? Welchen Sinn hat Jesus darin gesehen?
Ich möchte dem nachgehen und sechs Sätze über den Zehnten sagen. Erst mit allen sechs Sätzen ist das Bild vollständig.

1. Gott nimmt uns nichts weg.
Gott will uns nicht abkassieren. Es gibt verschiedene Sorten der Zehn-Prozent-Abgabe in der Bibel. Eine davon hat ein ganz bestimmtes Ziel: Man soll davon am Tempel ein fröhliches Fest feiern.

Du sollst jedes Jahr den Zehnten von der gesamten Ernte geben [...]. Du sollst davon [...] alles kaufen, worauf du Appetit hast – Rinder, Schafe, Ziegen, Wein und Bier, alles, wonach es deinen Gaumen verlangt –, und dann sollst du vor dem Herrn, deinem Gott, Mahl halten und fröhlich sein, du und deine Familie. Dtn 12,22.26

Gott will, dass sein Volk feiert, in seiner Gegenwart. Und die Feier soll großzügig sein. Wir Menschen sind nun mal oft knauserig und sparen hier und da was ab. Aber von dieser Feier in Gottes Gegenwart soll niemand etwas absparen. Deshalb ordnet Gott die Zehn-Prozent-Abgabe an. Man hat das eine Art „Zwangssparkasse“ genannt. Zwang, ja, oder besser: Gottes Gebot. Aber eben damit man feiern kann. Gott kassiert sein Volk nicht ab, sondern will das Leben, das fröhliche Leben. Das ist eine Sorte dieser Zehn-Prozent-Abgabe. Es gibt auch noch andere Sorten: Arme werden versorgt. Der Tempeldienst wird finanziert. Aber das kommt alles Menschen zugute. Gott leitet das Geld um zu anderen Menschen. Und immer wieder soll sein Volk davon feiern.
Aber wenn das alles so fröhlich ist, wieso dann der Zwang? Wieso das Gebot? Das führt uns zum zweiten Satz:

2. Wir geben die Verfügung ab, wenigstens für 10 %.
Das ist der springende Punkt beim Zehnten: Keiner sucht sich aus, wohin der gegeben wird, Gott hat es schon angeordnet. Eigentlich gehört ja sowieso alles Gott, was wir haben. Alles kommt von ihm. Aber er vertraut es uns an. Wie können es in Freiheit und Verantwortung verwalten. Gott lässt uns vielfach die Entscheidungsfreiheit. Bloß an einer Stelle setzt Gott ein Zeichen, damit wir es nicht vergessen, dass ihm alles gehört: Bei zehn Prozent unseres Geldes sollen wir nicht frei entscheiden. Diese zehn Prozent sind wie ein Platzhalter, eine Erinnerung: Gib das mal bewusst weg und in Gottes Hand – damit du wieder spürst, dass eigentlich dein ganzes Leben Gott gehört.
Gott macht das ja auch in anderen Lebensbereichen so: z. B. bei der Zeit. Jeder Tag unseres Lebens kommt von ihm. Wir können keine Sekunde zu unserer Lebenszeit hinzufügen. Gott hat Anspruch auf unser ganzes Leben. Aber er lässt uns unglaublich viel Freiheit, unsere Zeit zu gestalten. Bloß an jedem siebten Tag sagt Gott: Das lege ich fest. Da sollt ihr nicht selbst entscheiden, sondern gebt mir diese Zeit. Das ist der Ruhetag. Und auch der Ruhetag ist ja nicht von Gott zu unserer Qual erfunden, sondern damit wir da aufleben, raus kommen aus dem Zwang zur Leistung. Gott will, dass wir leben, und bei einem Siebtel unserer Lebenszeit macht er eine Vorgabe. Sonst nicht.
So auch mit dem Geld. Bei einem Zehntel macht er eine Vorgabe. Der Rest ist frei. Diese Vorgabe soll erinnern, dass auch die übrigen 90 Prozent von Gott kommen.
Man erzählt sich von einem Bettler, der schon lange Zeit an einem bestimmten Platz der Stadt von einem freundlichen Mann täglich einen Euro bekommt. Eines Tages sind es nur noch fünfzig Cent, und nun bleibt es auch bei dem halbierten Betrag. Irgendwann spricht der Bettler den Mann an: „Mein Herr, früher gaben Sie mir täglich einen Euro und seit einiger Zeit nur noch die Hälfte?” Der Mann antwortet ihm freundlich: „Es tut mir Leid, aber mein Sohn studiert jetzt, und dafür brauche ich nun mehr Geld. Sie wissen ja, wie teuer das heutzutage ist. Das müssen Sie doch verstehen!” Da murmelt der Bettler vor sich hin: „Eigentlich unverschämt! Lässt der Mann seinen Sohn auf meine Kosten studieren!”
Lebt Gott auf unsere Kosten, wenn er einen Anteil von unserem Geld festlegt? Sollen wir uns ärgern über eine Abgabe, die Gott erwartet? Oder lieber dankbar sein, dass er uns so viel zur freien Verfügung anvertraut?

3. Der Zehnte soll Gottes Reich fördern
Auch deshalb hat Jesus wohl die Zehn-Prozent-Abgabe nicht einfach abgeschafft: Sie hat gute Ziele. Ich nenne nur ganz kurz, was man aus dem Alten Testament zusammenlesen kann:
Die Lebensfreude haben wir schon erwähnt. Man soll feiern können.
Das zweite sind die Armen, die versorgt werden sollen.

28 In jedem dritten Jahr sollst du den ganzen Zehnten deiner Jahresernte in deinen Stadtbereichen abliefern und einlagern 29 und die Leviten, die ja nicht wie du Landanteil und Erbbesitz haben, die Fremden, die Waisen und die Witwen, die in deinen Stadtbereichen wohnen, können kommen, essen und satt werden, damit der Herr, dein Gott, dich stets segnet bei der Arbeit, die deine Hände tun. Dtn 14

Und das dritte ist der Gottesdienst. Die Diener am Tempel waren damals die Leviten. Sie hatten kein eigenes Land und bekamen daher extra Spenden, damit sie leben konnten und den Gottesdienst versorgen konnten.
Das Ziel der Zehn-Prozent-Abgabe: Gerechtigkeit, Frieden und Treue.
All das kommt den Menschen also zugute. Gott zieht nichts ab von den Menschen. Gott lenkt es nur so um, dass es auch die bekommen, die sonst leer ausgingen. Auch die Abgaben für die Leviten sind eine Investition in den Menschen. Denn du lebst wirklich als Mensch, als Geschöpf, wie Gott es sich dachte, wenn du Gottesdienst feierst und dich ihm hingibst. Gottesdienst macht den Menschen zum vollständigen Menschen.
Wozu soll also die Zehn-Prozent-Abgabe dienen? Um Gottes Reich zu fördern. Gottes Reich aber geht nicht auf Kosten von uns Menschen, sondern kommt uns zugute.

4. Die Zehn-Prozent-Abgabe ist kein Gesetz!
Das müssen wir jetzt dick unterstreichen – wir, die wir von Jesus herkommen. In der Gemeinde Jesu gab es nie Finanzvorschriften. Freiwillig soll jede Gabe kommen. Erzwungene Gaben oder missmutige Gaben sind nicht in Gottes Interesse. Wenn Jesus auch die Zehn-Prozent-Abgabe befürwortet hat, so hat doch keine der frühen Gemeinden das zur Regel erhoben.
Warum nicht?
Weil eine Regel gar nicht nötig war. Viele der frühen Christen gaben ohnehin mehr ab als nur zehn Prozent. Zachäus gab 50 % – er war allerdings auch reich genug. Barnabas hat ein wertvolles Grundstück verkauft. 150 Jahre später gaben Christen im Römischen Reich immer wieder größere Geldbeträge „zum Unterhalt und Begräbnis von Armen, von elternlosen Kindern ohne Vermögen, auch für bejahrte, bereits arbeitsunfähige Hausgenossen, ebenso für Schiffbrüchige, und wenn welche [wegen ihres Glaubens] in den Bergwerken, auf Inseln oder in Gefängnissen sind“. So sagt es ein Kirchenlehrer. Wer als Christ solche Beträge zahlte, hat wahrscheinlich nicht immer die Prozente ausgerechnet. Ein französischer Bischof der Alten Kirche hat gesagt: „Der Herr hat statt des Zehnten die Verteilung der gesamten Habe unter die Armen geboten und befohlen.“ Die Juden hatten „den Zehnten dem Herrn geweiht; die aber die Freiheit empfangen haben, die widmen ihren gesamten Besitz dem Herrn und geben ihn freudig und freiwillig hin, nicht bloß den kleineren Teil, da sie ja die Hoffnung auf größeres haben.“ Also ist die Zehn-Prozent-Abgabe kein Gesetz in der Gemeinde Jesu, weil viele sowieso mehr als zehn Prozent geben wollten. Zumindest in der Anfangszeit. Sie taten es freiwillig, von Herzen. Daran können wir uns ein Beispiel nehmen. Und an der Höhe ihrer Spenden auch? Wenn es von Herzen kommt – ja!

5. Gelebter Glaube braucht eine Form.
Das ist in der Beziehung zu Gott so wie in der Beziehung zu Menschen: Sie braucht eine Form. Irgend eine wenigstens. Meine Frau und meine Kinder sind die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Sie wissen das. Ich weiß es auch. Aber es genügt natürlich nicht, einfach nur vorauszusetzen, dass wir es wissen. Sie wollen es auch spüren – zu Recht. Also braucht diese Beziehung Formen. Ich sage meiner Frau, dass ich sie liebe. Ich wähle bestimmte Worte dafür. Ich plane mir Zeit ein, die ich nur mit ihr verbringe. Auch mit den Kindern. Ein Spaziergang mit meiner Tochter ist eine gute Zeit, dass wir einfach mal alles quatschen können, was uns einfällt. Eine Kissenschlacht mit meinem Sohn zeigt ihm eindeutig, dass ich ihn mag. Ich werde nicht zu ihm sagen: Wir brauchen keine Kissenschacht machen, du weißt doch auch so, dass ich dich mag. Nein, unsere Beziehung benötigt eine Form. In zwanzig Jahren wird es eine andere Form sein. Ich werde ihn dann nicht in seiner Wohnung besuchen und ihm grinsend ein Sofakissen auf den Kopf klatschen. Aber dann werde ich eine andere Form haben, ihm meine Zuneigung zu zeigen.
Bei Gott ist es ebenso. Alle meine Zeit möchte ich mit ihm leben, aber trotzdem ist es gut, z. B. die Form des Sonntags zu benutzen. Glaube, der nicht irgendeine Gestalt angenommen hat, verdunstet bald.
Also braucht auch unsere geistliche Haltung zum Geld eine Form. Irgend eine. Ich kann natürlich sagen: Gott, du weißt doch, dass dir mein ganzes Leben gehört, auch das, was ich besitze. Das muss ich dir doch nicht dauernd zeigen. Aber wenn ich es nur erkläre und beteure, aber nie praktiziere, gehört mein Besitz sehr bald eben doch nicht mehr Gott, sondern mir allein. Auch die geistliche Haltung zum Geld braucht eine Form.
Die Zehn-Prozent-Abgabe ist so eine Form. Wer für sich persönlich eine bessere gefunden hat – wunderbar. Der mag seine Form aus ganzem Herzen füllen und fröhlich praktizieren. Das verdient alle Achtung. Aber wer für seine geistliche Haltung zum Geld noch keine feste Form gefunden hat oder wer es sich jedes Mal neu überlegt oder auch öfter vergisst, es sich zu überlegen – warum dann nicht mal die Zehn-Prozent-Abgabe ausprobieren?

6. Geben tut nicht weh, wenn’s von Herzen kommt.
Das hab ich ja am Anfang versprochen: Keine Angst, es tut nicht weh. Nun mag trotzdem mancher zusammenzucken, wenn er ausrechnet, wie viel denn zehn Prozent seines Einkommens sind und wie viel er dann spenden würde. Autsch! Aber es tut dennoch nicht weh, wenn es von Herzen kommt.
Das erste Mal, dass in der Bibel jemand die Zehn-Prozent-Abgabe praktiziert hat, passierte völlig abseits vom Gebot. (1. Mose 14,17-20) Das Gesetz Gottes war noch gar nicht gegeben. Abraham hatte es freiwillig getan. Er fand, das sei eine gute Idee. Das wird ihm nicht weh getan haben.
Später wurde der Tempel in Israel gebaut. Der König David fing an und stiftete eine kräftige Spende. Die anderen aus Gottes Volk machten dann mit. Wir haben in der Textlesung davon gehört. Alle waren begeistert, dass sie spenden konnten. Danach hat David gebetet. Er hat Gott gedankt – nicht nur für die vielen Spenden. Sondern vor allem, dass alle so fröhlich und freiwillig gespendet hatten. Dieses Dankgebet ist wie ein ungläubiges Staunen darüber, dass alle so spendenbereit waren. Man hat also nicht gespendet und dann zu Gott gesagt: „Bitteschön.“ Sondern gespendet und dann gesagt: „Dankeschön, dass du unser Herz so bewegt hast!“ Das tat nicht weh. Das war ein fröhlicher Schwung in Gottes Volk. Sie spürten: Es kann nur Gott gewesen sein, der unsere Herzen so angerührt hat. Dann erst hat David auch Gott um etwas gebeten:

Herr, Gott unserer Väter Abraham, Isaak und Israel, erhalte diese Gesinnung für immer im Herzen deines Volkes! Lenke sein Herz auf dich! 1Chron 20,18

Wir heute geben doch immer dann fröhlich etwas ab, wenn wir meinen: Das ist gut angelegtes Geld. Hier haben wir gut investiert. Die Zehn-Prozent-Abgabe für Gottes Reich: ist das nicht eine gute Investition?

Ich möchte schließen mit einer alten jüdischen Legende:
Es waren einmal zwei reiche Kaufleute, die hießen Akiba und Tarphon. Tarphon war aus einem reichen Haus und hatte nie die Armut kennen gelernt. So vergaß er die Armen und verbrauchte seinen ganzen Reichtum nur für sich. Akiba aber war Kind armer Leute gewesen und wusste, wie bitter die Armut ist. So verwandte er einen großen Teil seines Geldes dazu, die Not anderer Menschen zu lindern.
Weil er seinen Freund Tarphon liebte, tat es ihm weh, dass dieser niemals etwas für die Armen gab. – Eines Tages ging er zu seinem Freund und erbot sich, für ihn ein prächtiges Landgut zu einem günstigen Preis zu erwerben. Tarphon war erfreut über die günstige Gelegenheit und gab Akiba eine große Summe Geld. Der aber ging damit ins Armenviertel und verteilte es unter die Bedürftigen. Nach einiger Zeit wollte Tarphon sein Landgut besichtigen, und Akiba nahm seinen Freund mit in das Armenviertel. „Hier soll das Gut sein, von dem du mir vorgeschwärmt hast?” fragte Tarphon überrascht. „Ich habe dein ganzes Geld an die Armen verteilt! Komm, lass uns dein Gut ansehen”, sagte Akiba. In einer schmutzigen Gasse traten sie in ein Haus. Drinnen war es finster, kein Tageslicht drang in das ärmliche Zimmer. Nur ein Herd brannte, ein Tisch und ein Stuhl standen im Raum. „Warum hast du diesen Menschen nichts gegeben?” „Ich habe ihnen gegeben”, antwortete Akiba, „früher war der Herd kalt, der Topf leer und die Leute lagen auf der Erde!”
In einem anderen Haus trafen sie einen Studenten, der beim Schein der Kerze in einem Buch las. „Warum hast du diesem Jungen nichts gegeben?” „Ich habe ihm etwas gegeben. Früher hatte er weder ein Buch noch ein Licht, und er konnte überhaupt nicht studieren, sondern musste als Tagelöhner arbeiten!” sagte Akiba. So gingen sie weiter. Und das Entsetzen Tarphons wurde immer größer, als er begriff, wie viel Elend und Not es in seiner Stadt gab. Er schämte sich, dass er bisher so wenig für die Armen getan hatte. Auf dem Nachhauseweg fragte Akiba: „Nun, wie gefällt dir das Landgut, das ich für dich gekauft habe?” Da senkte Tarphon seinen Blick und meinte: „Ich werde deine Lehre beherzigen und noch viele prächtige Landgüter erwerben, um anderen Menschen in ihrer Not zu helfen!”

Gute Investitionen machen Freude.
Amen.