Montag, 28. Dezember 2009

„Josef nimmt Jesus an“

Predigt über Mt 1 und Lk 2: „Josef nimmt Jesus an“ (24.12.2009)
Liebe Gemeinde,
wer von uns es gewohnt ist, Jahr für Jahr die biblische Weihnachtsgeschichte zu hören und die alten Weihnachtslieder zu singen, der hat solche Sätze im Ohr: „Euch ist heute der Retter geboren!“ Oder: „Welt ging verloren, Christ ist geboren: Freue dich, du Christenheit!“ Für viele Menschen, auch schon damals, war es eine glückliche Überraschung, dass endlich ein Retter von Gott gekommen ist.
Aber bevor Jesus geboren wurde, haben sich seine Eltern zuerst gar nicht gefreut. Sie hatten ja mit keinem Kind gerechnet. Wir haben (im Kinderbeitrag zuvor) gehört und gesehen, wie schwer es für Josef anfangs war zu glauben, dass Marias Kind von Gott kam und nicht von irgend einem anderem Mann. Weihnachtsfreude gab es ganz am Anfang erst einmal nicht. Aber Josef hat sich dann überzeugen lassen. Er hatte die Ohren offen für Gott und hatte den Mut dazu, nicht nur auf seine eigenen Gedanken zu hören, sondern auf Gott. Ja, das kostete einen Mann damals wirklich Mut. Josef war so mutig.
Aber nachdem er sich erst einmal darauf eingelassen hatte: Gott der Schöpfer schafft in meiner Verlobten ein Kind und durch dieses Kind will Gott die Welt zu retten beginnen – als er sich erst einmal darauf eingelassen hatte, da war Josef ganz entschlossen. Und sehr praktisch, durch eine Tat nach der anderen, nahm er diesen Sohn als seinen eigenen an. Erst so konnte Jesus ja wirklich ins Leben kommen: unter dem Schutz auch eines irdischen Vaters. Josef hat das angenommen, der irdische Vater von Jesus zu sein, und zwar durch eine Tat nach der anderen.

Das erste: Josef hat seine schwangere Braut nicht heimlich weggeschickt. Das wäre schon der noble Weg gewesen. Er hätte gedacht, er wäre der Betrogene, aber hätte seine untreue Braut nicht öffentlich angeprangert, sondern eben heimlich weggeschickt. Der noble Weg. Doch auch den ging Josef nicht, sondern heiratete Maria bald. Das war ein Bekenntnis zu ihrem schwangeren Bauch. Josef zeigte damit: das ist meins.
Danach, das ist das zweite, nahm Josef seine Braut mit auf die Reise. Er musste ja nach Bethlehem zur Steuerbehörde. Bethlehem war seine, Josefs, Heimatstadt. Nicht die von Maria. Maria hätte nicht mit gemusst. Damals war man nicht so leichtsinnig, schwangere Frauen unnötigerweise auf anstrengende Reisen zu schicken. Warum hat Josef sie trotzdem mitgenommen, anstatt die Schwangere zu schonen? Nun, wenn er sie in Nazareth zurückgelassen hätte, dann hätten alle gesagt: „Er hat es sich doch anders überlegt. Er hat sie sitzen lassen. Es war wohl doch nicht sein Kind. Maria hatte es wohl doch von einem anderen Mann. Josef will sie nicht mehr.“ – Also das war der Grund, weshalb er Maria mitnahm: Er hat sich dadurch zu ihr bekannt und zu „seinem“ Kind – sein Kind, das nicht von ihm war und dem er doch irdischer Vater sein wollte. Josef hat Maria vor Gerede geschützt und sich zum Kind bekannt, deshalb die gemeinsame Reise.
Als Jesus dann geboren war, passierte (drittens) etwas ganz Normales und doch etwas total Wichtiges: Maria wickelte ihren Sohn in Windeln. Wieso, fragt man sich, steht das extra in der Bibel? Das passierte doch mit allen Babys. Natürlich wurden die damals gewindelt, wie auch heute noch. Warum musste das ausdrücklich aufgeschrieben werden? Es wurde aufgeschrieben, um zu zeigen, dass mit Jesus eben das Normale passierte, was leibliche Eltern mit jedem ihrer Kinder machten. Leibliche Eltern eben, das ist der springende Punkt. Sie badeten ihre Neugeborenen, rieben sie mit Salz ab und windelten sie. Nun gibt es in der Bibel auch die Geschichte von einem verstoßenen Baby. Ein ungewolltes Kind, von den Eltern verleugnet. Das wurde nackt aufs Feld geworfen, so beschreibt die Bibel es, und eben nicht gebadet und nicht gewindelt. (Ezechiël 16,3-5) Nackte Babys waren verstoßene Babys. Deshalb gehört die Notiz von den Windeln in die Weihnachtsgeschichte: Josef hat Jesus eben nicht verstoßen. Er ließ es zu, dass Maria ihren Sohn in Windeln wickelte, er hieß das gut. Er bekannte sich als irdischer Vater zu diesem Kind. Josef hat Jesus angenommen. Auch die Windeln sind dafür ein Zeichen.
Und schließlich brachte Josef zusammen mit Maria den Sohn nach acht Tagen zur Beschneidung. Der Glaubensbrauch der Juden, mit dem ein Junge sichtbar ins Volk Gottes aufgenommen wird. Dabei wird auch der Name gegeben. Beide Eltern, Maria wie auch Josef, hatten bestimmt: Er soll Jesus heißen. Spätestens damit hat Josef aller Welt auch vor dem Gesetz gezeigt: Der gilt als mein Sohn. Das ist meiner. Ich habe ihm einen Namen gegeben – das war eben auch ein juristischer Vorgang. Wer auch immer noch schlecht reden würde über Maria und dass es mit ihrem Erstgeborenen wohl doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sei – und solches schlechtes Gerede gab es ja später, als Jesus erwachsen war – wer auch immer solches Gerede verbreiten würde: Josef hatte dieses Kind adoptiert. Beweis: die Beschneidung und die Namensgebung.

Josef hat Jesus angenommen. Er hat die volle irdische Vaterschaft anerkannt. Er hat das erstens getan, als er Maria nicht fortjagte, zweitens, als er sie mit auf die Reise nahm, drittens, indem er es gut hieß, wie das Kind in Windeln gewickelt wurde und viertens, indem er es beschneiden ließ und ihm selbst einen Namen gab. Josef hat Jesus angenommen und sich zu diesem Kind bekannt. Und das, obwohl es ihm zu Anfang nur Schwierigkeiten, Zweifel und Kopfzerbrechen bereitet hat. Warum hat Josef das alles gemacht? Weil er geglaubt hat, dass Gott mit diesem Kind anfängt, die Welt zu retten. Das hat Josef auch für sich selber geglaubt. Er war ja Teil eines Landes, das seufzend auf Erlösung wartete. Josef hat geglaubt: „Für meine Lebensfragen wird jetzt gesorgt. Jetzt geht es los, Gott hat es anlaufen lassen. Das glaube ich ihm. Deshalb nehme ich das Kind Jesus an und bekenne mich zu ihm.“
Josefs Antwort auf die Geburt Jesu. Eine mutige Antwort.

Es ist zugleich die Antwort, die jeder von uns heute geben kann auf die Geburt Jesu. „Jesus ist geboren“ – „Gott hat angefangen, Rettung in die Welt hineinzubringen“ – das ist ja keine Information, die man zur Kenntnis nehmen kann und gut. Sondern diese Nachricht fordert eine Antwort.
Josef nahm Jesus an. So kann es jeder von uns tun. Gott brachte die Rettung auf eine Weise in die Welt, die Josef sich selbst nie ausgesucht hätte. Es war ungewöhnlich und anfangs auch sehr ungemütlich für ihn. Aber Josef nahm Jesus an. Das kann jeder von uns auch tun. Wir würden die Antwort auf unsere Lebensfragen von uns aus vielleicht woanders suchen. Wir hätten schon ein paar Ideen. Aber nun hat Gott die Rettung so eingefädelt, dass sie durch Jesus kommt. Ungewöhnlich. Aber wir nehmen Jesus an – das wäre eine wunderbare Antwort auf Weihnachten: Wir nehmen Jesus an. Wie tut man das, Jesus annehmen? Vielleicht durch einen Satz, durch ein Gebet wie dieses:

„Ich möchte keine meiner Lebensfragen lösen an Jesus vorbei.“

Wer so denkt, wer so betet, hat den Retter Jesus angenommen.
Und dann kommt Rettung in die Welt? Dann rettet Gott die Welt durch Jesus? Ja wovon muss die Welt denn gerettet werden? Rettet Jesus die Welt vor der Klimakatastrophe? Da haben wir ja gesehen, wie unfähig die Politiker scheinen, die notwendigen rettenden Beschlüsse zu fassen. Diese Menschen waren in Summe offenbar nicht mutig genug dazu. Sie haben nicht die Kraft gefunden, die Welt zu retten. Rettet Jesus nun die Welt?
Gehen wir einen Schritt zurück. Es gibt ja nicht nur die globale Klimakatastrophe. Sondern auch die vielen kleinen Klimakatastrophen in unseren Familien und Beziehungen. Manchmal ist es zu hitzig, manchmal zu frostig. Da kippt ebenfalls etwas um. Da vergiftet sich ebenfalls manchmal die Atmosphäre. Wenn mitten in diesen Klimabedingungen aber Menschen leben, die sich sagen und die beten: „Ich möchte keine meiner Lebensfragen lösen an Jesus vorbei“ – wenn solche Menschen da sind: dann wird der Giftausstoß reduziert. Dann kommt etwas Heilsames hinzu. Ob es ausreichen wird? Man wird sehen. Wir müssen es versuchen.
Menschen, die so leben: „Ich möchte keine meiner Lebensfragen lösen an Jesus vorbei“ – das sind mutige Menschen. Mutig, wie Josef mutig war. Er hat ja wirklich mutige Entschlüsse getroffen. Und wenn Menschen wie Josef, die Jesus angenommen haben und mutig wurden, auch unter den Politikern wären: dann ist auch noch Hoffnung fürs Weltklima. Jeder von uns kann entscheiden für sein eigenes Leben und für den Einfluss, den jeder einzelne hat. Wenn viele Menschen mutig werden, kann die Bewegung groß werden. Aber es fängt bei jedem einzelnen an.
Josef war mutig und hat Jesus angenommen, hat sich zu ihm bekannt. Ich wünsche uns, jedem einzelnen, dass wir dieselbe Antwort geben auf Weihnachten: „Jesus – der ist meiner. Der gehört zu mir. Für den stehe ich. Denn er trägt mich. Und ich löse keine meiner Lebensfragen an ihm vorbei.“ Gott gebe uns solchen Josefs-Mut, solchen Jesus-Mut.
Amen.