Montag, 18. Januar 2010

Bibelarbeit: Das verstockte Herz

Mose und Pharao: Wenn ein Herz sich verstockt
Motto:
Mehr als auf alles gib acht auf dein Herz, denn aus ihm strömt das Leben. Spr 4,23

Ergänzend zur Predigtreihe über Exodus 3 hier eine Bibelarbeit über eine Einzelheit des biblischen Berichts.

Moses Kampf um Befreiung des Volkes: es ist ein Kampf gegen den Pharao und dessen Herz. Am Anfang hat Gott gesagt: Er werde das Herz des Pharao verstocken, um sich durch Wunder als überlegen zu beweisen. Das klingt hart, ja zynisch: Gott steuert den Pharao, er macht ihn unfähig zur Einsicht und bestraft ihn dann auch noch dafür? Braucht denn Gott willenlose Marionetten, um sich daran als Gott zu beweisen? Was wäre das für ein Gott?

Im NT scheint Paulus es ähnlich zu sehen:
15 Denn zu Mose sagt er: Ich werde Erbarmen zeigen, wem ich Erbarmen zeigen will, und Mitleid haben, mit wem ich Mitleid haben will. Röm 9, vgl. Ex 33,19

Dieses brutale Bild von Gott ist aber so nicht richtig! Wie so oft hilft es auch hier, die Bibel genauer und vollständig zu lesen. Und zwar den Bericht über Moses Konflikt mit Pharao in Ex (2Mose) 3-15.

Zuerst fällt auf: Gott verstockt nicht aus heiterem Himmel jemanden, der es sonst eigentlich gut gemeint hätte.
Sondern Gott kennt (vorgreifend) den Willen des Pharao: dessen eigenen Willen (Ex 3,19). Schon zuvor hatte dieser Mann ja die Hebräer als Sklaven unterdrückt: aus Angst vor Machtverlust. Pharao war also bereits auf dem Weg des Unrechts. Er hatte sich auf diesen Weg begeben.
Wenn wir den Bericht nun weiter lesen, stoßen wir auf vier verschiedene Beschrei-bungen des Pharao:
  • Er handelt selbst unrecht
  • Gott verstockt sein Herz, Gott ist also der Aktive
  • Das Herz des Pharao ist bzw. bleibt verstockt. Das ist im Hebräischen durch eine Verb-Form ausgedrückt, die aktives Handeln beschreibt. Das Herz des Pharao ist hier das handelnde Subjekt.
  • Der Pharao selbst verstockt sein Herz, er ist also der Aktive.
Der Bericht bringt nun diese vier verschiedenen Deutungen in bunter Folge. Am Anfang scheint es so, als wäre Gott der Aktive, der Pharao festlegt. Aber später wird deutlich, dass der Pharao selbst entscheidenden Anteil hat.

Wer steuert das Herz des Pharao?


Vermischte Einflüsse
Was bedeutet es, wenn der Bericht zwischen den bestimmenden Faktoren ständig hin- und herspringt?
Zunächst: Das menschliche Herz ist eben von vielen Einflüssen bestimmt. Es unterliegt auch dem Willen des Menschen. Aber der Wille des Menschen ist nicht das einzig Bestimmende. Wenn im biblischen Bericht formuliert wird: „sein Herz war verstockt“, dann klingt es fast so, als sei das neben dem Willen des Menschen passiert. Es ist etwas anderes, als wenn gesagt wird: „Er entschied sich, so und so zu handeln.“ Das Herz des Menschen kann sich sozusagen selbständig machen, es kann eine gewissen Eigendynamik annehmen. Der Mensch hat nicht jederzeit vollen Zugriff auf sein Herz.

Verschlagener als alles andere ist das Herz, und unheilbar ist es, wer kann das verstehen? Jer 17,9

Wer bestimmte Vorentscheidungen trifft, der lenkt sein Herz in eine Richtung, von der er es dann manchmal nur noch schwer wieder abbringen kann.

Und Gottes Einfluss? Er lenkt das menschliche Herz nicht jedes Mal zum Guten. Er lenkt es auch nicht zum Bösen, wenn vorher noch keine böse Absicht im Herzen gewesen war. Dennoch spricht der biblische Bericht Exodus 3 ja auch vom Einfluss Gottes. Das ist wohl so zu verstehen: Wer sein Herz in eine falsche Richtung laufen lässt, bei dem nimmt Gott das dann auch ernst und zu dem kann Gott dann sagen: „So wie du wolltest, so sollst du nun. Dein Wille geschehe!“ Diese Wahrheit kommt m. E. in der Formulierung zum Ausdruck: „Ich aber werde sein Herz verhärten“ (4,21).

Es ist nicht alles festgelegt!
Beachtenswert: Nicht nur das Herz von Pharao ist verstockt, sondern immer wieder auch das seiner Führungsleute (z. B. Ex 9,34; 10,1). Dennoch kann man gerade an ihnen sehen, dass sie nicht von vornherein festgelegt sind. Vielmehr hat jeder Wahl- und Entscheidungsfreiheit: Ex 9,20f.
20 Wer von den Dienern des Pharao das Wort des HERRN fürchtete, ließ seine Knechte und sein Vieh in die Häuser flüchten. 21 Wer aber das Wort des HERRN nicht zu Herzen nahm, ließ seine Knechte und sein Vieh auf dem Feld. ( Ex 9)

Wenn es zu spät ist
Der Pharao ging schließlich an der Verstockung zugrunde. Er musste Gottes Volk frei lassen, also Gottes Ansichten ausführen, aber gegen seinen Willen, gezwungen. Und auch dann noch überlegte er es sich anders – und ging unter (Ex 14,8.18.28). Die vielfach beeinflusste Verstockung dieses Mannes resultierte im Gericht.
Man kann sich das im Bild vorstellen wie ein Flugzeug, das in eisiger Sturmnacht den falschen Kurs fliegt. Eine Zeitlang gibt er Gelegenheit zum Umsteuern. Aber irgendwann ist das Steuerruder eingefroren und der jetzt gewählte Kurs ist unkorrigierbar. Das Flugzeug muss in der Einöde notlanden oder wird zerschellen.

Gottes Absicht?
Ist es Gottes Absicht, durch Verstockung Menschen ins Gericht zu bringen?
Eine andere Möglichkeit wäre die Verstockung als „Höchstwarnung Gottes“. Der betreffende Mensch könnte erkennen, dass Rettung ausschließlich von Gott kommt, ohne jedes menschliche Zutun. „In diesem Gesamtrahmen besteht bei dem/den Verstockten – allerdings nur aufgrund von Gottes erneutem Eingreifen – die Möglichkeit der Umkehr.“ (H. F. Bayer, Das Große Bibellexikon Bd. 6, 2545f.).

Vorbeugen: Herzpflege!
„Mehr als auf alles gib acht auf dein Herz ...“ – Wie kann jemand, der sich auf Gott verlässt, so leben, dass er nicht irgendwann in eine Verstockung gerät?
  • Sich über seine wahren Beweggründe klar werden: Treibt mich irgend etwas Verborgenes an – eine Vermeidung, eine Vergeltung, ein Ehrgeiz, eine Angst?
  • Sich mit verlässlichen Menschen umgeben, die das Recht bekommen haben, einem rechtzeitig die Wahrheit zu sagen
  • Auf Gottes Signale im Leben achten: Passiert mir etwas, mit dem Gott mich vielleicht aufwecken oder aufschrecken oder zu sich locken wollte?
  • „Immunisierung“ verhindern! Wenn ich lange Zeit etwas über Gottes Willen weiß, es aber immer ausblende, nie zu tun beginne, dann kann ich auf diesem Gebiet immun für Gottes Willen werden. Gegenmittel: Mich zu gehorchen trauen, auch wenn es für mein Empfinden eigentlich zu gewagt ist.